Warum kann man sich nicht selbst kitzeln?

von Barbara

14 Januar 2024

Warum kann man sich nicht selbst kitzeln?

Kitzeln ist etwas, das alle Kinder machen. Es ist eine Form der Interaktion, die man untereinander teilen kann. Wir alle wissen aber, dass man sich selbst nicht kitzeln kann. Aber warum ist das so? Einige Studien haben in den letzten Jahren versucht, diese vermeintlich banale Frage zu beantworten. Hier sind die überraschenden Ergebnisse.

Stimulierung des Körpers für ein Kitzeln im Gehirn

Stimulierung des Körpers für ein Kitzeln im Gehirn

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Eine der ersten Studien übers Kitzeln wurde Ende der 90er Jahre von der Neurowissenschaftlerin Sarah-Jayne Blakemore am University College in London durchgeführt. Blakemore hat funktionale Magnetresonanz benutzt um die menschliche Reaktion aufs Kitzeln durch eine andere Person bildgebend darzustellen und mit dem Kitzeln durch die Person selbst zu vergleichen. Im ersten Fall zeigte sich, dass das Kitzeln durch eine andere Person zu einer Aktivierung im somatosensorischen Kortex führt, welcher für Berührungen verantwortlich ist, und des anterioren cingulären Kortex, der die Impulskontrolle steuert. Im zweiten Fall gab es überhaupt keine Aktivierung. 

Am Ende der Stude stellte Blakemoore die Hypothese auf, dass das Gehirn das Gefühl des Kitzels antizipiert, wenn man sich selbst kitzeln will. Dadurch blockiert es die Reaktion des somatosensorischen Kortex und in der Konsequenz das Gefühl des Kitzels selbst. Gleichzeitig könnten diese Reaktionen auch mit unserer Evolution zu tun haben. Das Gefühl des leichten Kitzels namens Knismesis, welches durch leichte Berührungen ausgelöst wird, kommt aus der Ferne und könnte dazu dienen, uns von Insekten zu befreien, die auf unserer Haut landen.

Kitzeln und gekitzelt werden: Es ist mehr als der taktile Reiz

Kitzeln und gekitzelt werden: Es ist mehr als der taktile Reiz

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In jüngster Zeit haben sich Forscher erneut dem Kitzeln angenommen mit einem Experiment, das 7 freiwillige Paare einschloss. Auch in diesem Fall wurde gezeigt, dass es unmöglich ist, sich selbst zu kitzeln, aber zusätzlich wurde die körperliche Intimität zwischen Paaren berücksichtigt. Zum Beispiel kann in der Interaktion zwischen Unbekannten die Angst und Scheu die Empfindlichkeit gegenüber dem Kitzeln unterdrücken, was bei Menschen, die sich gut kennen, weniger oft vorkommt. 

Während der Experimente betrug die Reaktionszeit auf das Kitzeln im Durchschnitt 300 Millisekunden, während die vokalen Reaktionen nach weiteren 200 Millisekunden erfolgten. Dieser einfache Unterschied zeigte den Forschern, dass das Kitzeln viel komplexere emotionale Prozesse beinhaltet, als ein normaler taktiler Reiz. Um die Diskussion über die evolutionäre Bedeutung dieser Mechanismen fortzusetzen, muss neben der Knismesis auch die Gargalesis erwähnt werden. Dabei handelt es sich um das Kitzeln, welches durch Druck der Hand auf bestimmte Körperbereiche ausgelöst wird und das es nur bei Menschen und Primaten gibt. Kurz gesagt, es hängt mit den sozialen Mechanismen des Spiels zusammen. 

Warum kann man sich selbst nicht kitzeln?

Warum kann man sich selbst nicht kitzeln?

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Den Forschern zufolge ist es aufgrund eines Wahrnehmungsfehlers unseres Gehirns unmöglich, sich selbst zu kitzeln. Im Grunde genommen sagt es genau voraus, wo es berührt werden wird und verhindert dadurch effektiv die selbst verursachte Knismesis oder Gargalesis. Michael Brecht, der Leiter der neusten Studie, weist auf die evolutionäre Bedeutung dieser Unmöglichkeit hin. Übermäßige Reaktionen auf "nutzlose" Reize zu vermeiden, ist sinnvoll im Sinne der Energieeinsparung. Gleichzeitig deutet die Studie von Blakemore darauf hin, dass es nicht unmöglich ist sich selbst zu kitzeln, da man eine, wenn auch nur minimale, Verzögerung zwischen der Kitzelbewegung und dem Kitzeln selbst herstellt. 

In diesem Zusammenhang sind die Studien von Jacob Howdy von der Monash University sehr interessant. Hohwdy stellte fest, dass es möglich ist, sich selbst zu kitzeln, wenn man davon überzeugt ist, sich in einem anderen Körper zu befinden. Studien wie diese zeigen, dass das Gehirn die Realität nie so nimmt, wie sie ist, sondern ständig zwischen verschiedenen Instanzen verhandelt und daraus das ableitet, was wir Realität nennen. So könnte man schließlich auch das Kitzeln an sich selbst sehen: ein Versuch, herauszufinden, was wahr ist, und was nicht wahr ist.