Ein Mann der unter Depressionen leidet enthüllt die wahren Gründe der Krankheit: Und es sind nicht die, die wir annehmen

von Barbara

08 April 2018

Ein Mann der unter Depressionen leidet enthüllt die wahren Gründe der Krankheit: Und es sind nicht die, die wir annehmen

Eines der Monster der modernen Zeit ist die Depression. Wie ein Spektrum ohne definierte Form weiß man nicht, woher sie kommt und wie man sie wieder vertreibt. Die medikamentöse Therapie mit der sie heute behandelt wird, ist keine Dauerlösung sondern bietet nur die Illusion einer Normalität. Wir wissen immernoch sehr wenig über die Depression, auch wenn sie wirklich weit verbreitet ist. Häufig lebt sie für andere Augen unsichtbar vor sich hin.

Johann Hari, ein britischer Journalist, wurde auch von der Depression heimgesucht. Er hat mit den Jahren versucht, immer mehr über das heraus zu finden, was nicht nur eine Krankheit sein kann, wie sie definiert wird und wie die Medizin sie behandelt. 

"Es ist dein Gehirn, das nicht korrekt funktioniert"

"Es ist dein Gehirn, das nicht korrekt funktioniert"

Stefano Pollio/ unsplash.com

Als die Depression begann sagte ein Arzt zu Hari, dass "sein Gehirn nicht korrekt funktioniert" und er deshalb "Medikamente nehmen muss, um das beschädigte Gehirn zu reparieren". 

Die Ursache schien also in ihm zu liegen. Im Gehirn von all denen, die unter Depressionen in all ihren Formen leiden. Aber Hari reichte diese Erklärung nicht aus. Und mit den Jahren begann er zu merken, dass die Medikamente die er nahm keinen guten Effekt erzielten: "Die Medikamente gaben mir einen kurzen Aufschwung wenn sich die Dosis erhöhte, aber dann kam das Leid Stück für Stück zurück. Ich glaubte, mit mir stimmte etwas nicht weil ich trotz der Medikamente immernoch diesen Schmerz fühlte".

Also begann Hari einen langen Prozess der Bildung, der Forschung um mehr über seinen Zustand heraus zu finden. Er glaubte es könne nicht alles daran liegen, dass sein Gehirn falsch funktionierte. 

"Die Gründe für die Depression liegen nicht in unserem Gehirn, wie dieser Arzt sagte"

"Die Gründe für die Depression liegen nicht in unserem Gehirn, wie dieser Arzt sagte"

Ehimetalor Unuabona/Unsplash

Die Geschichte die dazu führte dass Hari begriff woher seine Depression kam und die damit zusammen hängenden selbstschädigenden Verhaltensweisen, beginnt ohne eine offensichtliche Verbindung mit der Depression. 

Alles begann mit einem Treffen zwischen Hari und dem Doktor Vincent Felitti, der zu diesem Zeitpunkt die Fettleibigkeit studierte. 

Dank einer experimentellen Technik schaffte es der Doktor, dass seine Patienten ein gesundes Gewicht in kürzerer Zeit erlangten, als es normalerweise der Fall wäre. Am Ende der Studie begannen allerdings viele der Patienten, Angstverhalten, Depressionen und Wutanfälle zu entwickeln. Sie waren nicht glücklich über ihren Erfolg und konnten sich nicht erklären, warum sie es nicht waren. 

Oder besser- sie wollten es sich garnicht erklären. Denn an diesem Punkt kommt das Gehirn ins Spiel und seine Überlebensmechanismen. 

Die Situation wurde klarer als Felitti die Möglichkeit hatte, mit einer Patienten zu sprechen die, nachdem sie 80Kg verloren hatte in kürzester Zeit wieder auf über 185Kg zurück kam.

Die Situation wurde klarer als Felitti die Möglichkeit hatte, mit einer Patienten zu sprechen die, nachdem sie 80Kg verloren hatte in kürzester Zeit wieder auf über 185Kg zurück kam.

Jairo Alzate/Unsplash

Sie selbst sagte, dass sie nachdem sie abgenommen hatte, wieder schlechtes Essen zu sich nahm. Und dass sie sich ihr Verhalten selbst nicht erklären konnte, selbst wenn sie es versuchte.

Am Ende eines langen Gesprächs mit dem Arzt sagte die Frau, dass etwas mit ihr passiert sei und dass sie nach diesem Ereignis wieder angefangen hatte zu essen. Als sie dick war, haben Männer sich nicht an sie ran gemacht: Am Ende ihres Abmagerungs-Prozesses jedoch hatte ihr nach langer Zeit mal wieder ein Mann Avancen gemacht. Dadurch fühlte sie sich angegriffen und suchte Trost im Essen.

Felitti begann dadurch die Situation seiner Patientin besser zu verstehen. Auf die Frage: "Wann haben sie zum ersten Mal zugenommen?" begann die Frau von etwas zu sprechen, das sie für Jahre begraben hatte und von dem sie nicht dachte, dass es auf irgend eine Weise ihr erwachsenes Leben beeinflussen würde. Sie sprach davon dass ihr Großvater sie mit 11 Jahren vergewaltigt hatte. 

Der Arzt begann, mit all seinen Patienten Gespräche zu führen. 55% von ihnen gestanden, dass sie in ihrer Kindheit ein Trauma erlebt hatten, häufig sexueller Natur.

Der Arzt begann, mit all seinen Patienten Gespräche zu führen. 55% von ihnen gestanden, dass sie in ihrer Kindheit ein Trauma erlebt hatten, häufig sexueller Natur.

Kat J/unsplash.com

Die Befragungen von Felitti schlossen mit dem Resultat, dass die Kindheitstraumen ein hohes Risiko für die Entwicklung einer Depression im Erwachsenenalter bergen. So war es auch für Johann Hari, der von einem Erwachsenen vergewaltigt wurde als er ein Kind war.

Aber wie werden solche Traumata zu Depressionen und selbstschädigendem Verhalten im Erwachsenenalter?

Für Hari, bedeutet es einen Rückgewinn von Macht und Kontrolle, wenn mißhandelte Kinder sich selbst die Schuld an dem schlechten Ereignis geben. "Wenn du selbst Schuld bist, aus welchem Grund auch immer, hast du die Kontrolle über die Situation", sagt er.

Und wenn man sich selbst verantwortlich fühlt, dann erreicht man den Punkt an dem man glaubt, man hätte schlechtes verdient. Und wenn man das von Klein auf denkt, glaubt man nicht dass man als Erwachsener sehr viel mehr verdient. 

Die Gründe für eine Depression und Angst müssen in unserer Lebensgeschichte gesucht werden und nicht in einem Gehirn, das nicht funktioniert.

Die Gründe für eine Depression und Angst müssen in unserer Lebensgeschichte gesucht werden und nicht in einem Gehirn, das nicht funktioniert.

Annie Spratt/Unsplash

"Wenn du denkst, du hättest nicht viel Kraft und Kontrolle, dann hast du ein höheres Risiko für Depressionen. Wenn du dich alleine fühlst und glaubst, du könntest nicht auf die Menschen um dich herum zählen, dann hast du ein höheres Risiko für Depressionen. Wenn du denkst dass im Leben nur Dinge zählen, die man erreicht hat oder sozialer Aufstieg, dann hast du ein höheres Risiko für Depressionen. Wenn du denkst, dass deine Zukunft unsicher ist, dann hast du ein höheres Risiko für Depressionen."

Es gibt biologische Faktoren, die einen Menschen anfällig für solche Art von Störungen machen, aber sie sind keine Entstehungsfaktoren. Angst und Depression entstehen durch die Art und Weise, wie wir gezwungen sind zu leben.

Aus diesem Grund müssen Angst und Depression anders behandelt werden. Nicht als irrationale Störung die im Gehirn entsteht. "Dein Schmerz ist kein irrationaler Spasmus. Es ist eine Reaktion auf das, was dir passiert".