Franca Viola, die erste Frau, die sich weigerte, ihren Peiniger zur Aufrechterhaltung ihrer Ehre zu heiraten und sich so gegen die Reparationsehe wehrte
Der Brauch der Reparationsheirat besteht seit Jahrhunderten und basiert auf dem Glauben dass die Heirat einer vergewaltigten Frau, die entehrt wurde, ein Weg ist um sie vor einer unsicheren Zukunft zu bewahren die für sie nur Einsamkeit, Verstoß und Zurückgezogenheit bereit hält. In vielen Ländern ist es eine mögliche Praxis, in anderen ist sie per Gesetz verboten.
Die Geschichte von Franca Viola, einem sizilianischen Opfer sexuellen Mißbrauchs in den sechziger Jahren, sagt viel über diesen Brauch in Italien aus, wo die Reparationsheirat er 1981 für illegal erklärt wurde.
Die erste, die vor der gesamten Nation rebelliert hat.
Franca Viola wurde in Alcamo im Januar 1948 geboren in einer Gemeinde von Halbpächtern. Zur Zeit der 50er Jahre verlobte sie sich mit Zustimmung ihrer Eltern mit einem Mitgenossen namens Filippo Melodia, Mitglied einer wohlhabenden Familie und Neffe eines bedeutsamen Mafioso der Gegend.
Nachdem die familiären Bande des jungen Mannes bekannt wurden und nach einigen Episoden in denen er Opfer beraubte entschied die Familie von Franca, die Verlobung wieder aufzulösen. Das gefiel der Familie Melodia nicht und dem jungen Mann schon garnicht. Nach einer kurzen Phase in Deutschland kam er in sein Heimatland zurück und begann, eine Reihe von Akten des Vandalismus und bewaffneten Drohungen zu verüben, die sich hauptsächlich gegen den Vater des Mädchens, Bernardo Viola, richtete.
Am 26. Dezember 1965 entschied Filippo Melodia, sich zu nehmen was er begehrte, also "Seine" Verlobte. Und das würde er so tun wie es schon viele vor ihm getan hatten: Zusammen mit einer Gruppe von Freunden begab er sich zum Haus von Franca wo sie die Mutter zusammen schlugen und die junge Frau verschleppten. Elf Tage lang hielt er sie gefangen und ließ sie hungern und nach einer Woche in Gefangenhaft mißbrauchte er sie.
Am 6. Januar gelang es der Polizei, den Ort herauszufinden an dem Franca versteckt wurde und sie verhafteten Filippo. Der Junge war nicht sehr besorgt. Er wusste, dass er durch eine Reparationshochzeit dem Gefängnis entkommen würde und endlich seine Frau haben würde.
Aber Franca beugte sich diesem schrecklichen Brauch nicht. Mit der Unterstützung der Familie, vor allem des Vaters, zog sie vor Gericht. Monatelang musste sie wie eine Verstoßene leben, und sie wurde wüst attackiert von denjenigen die sie als Schande empfanden. Sie wurde von Alcama zum Gericht in Polizeibussen gebracht. Aber sie ließ sich nicht entmutigen und wohnte jeder einzelnen Anhörung bei. Schließlich hörte sie die Verlautbarung des Urteils, welches Filippo Melodia zu elf Jahren im Gefängnis verurteilte.
Der Mut dieser Frau markiert eine Wende im Umgang mit Fällen der sexuellen Gewalt, die damals in Italien als moralisches Vergehen und nicht als Tat gegen die Person gesehen wurde. Auch wenn es weitere 15 Jahre dauerte, bis sich auch der Gesetzgeber um diese Frage kümmerte.